West Coast Trail (CA)
Der West Coast Trail auf Vancouver Island ist eine legendäre Küstenwanderung von etwa 75 km Länge in British Columbia, Kanada. Berühmt für seine raue Schönheit und anspruchsvolle Strecke, bietet er ein einzigartiges Wildniserlebnis. Der Weg führt durch den Pacific Rim National Park Reserve und durchquert alte Regenwälder, unberührte Strände und felsige Küsten. Hier treffen majestätische Bäume auf den wilden Pazifik, schaffen eine atemberaubende Kulisse für Abenteurer:innen. Mit wechselhaftem Wetter, und Gezeitenströmungen ist der West Coast Trail eine Herausforderung und eignet sich nur für geübte Mehrtages-Wanderer:innen idealerweise mit Camping-Erfahrung. Für erfahrene Wanderer:innen Naturfreund:innen und Rucksackreisende bietet er eine unvergessliche Erfahrung. Permits sind erforderlich, und der Weg ist von Mai bis September geöffnet.
Planung und Vorbereitung
Der West Coast Trail ist normalerweise von Mai bis September geöffnet. Die ideale Reisezeit ist während der Sommermonate von Juni bis August, wenn die Wetterbedingungen milder und vorhersehbarer sind. Dies ist jedoch auch die beliebteste Zeit, daher solltet ihr Permits und Unterkünfte frühzeitig buchen. Permits sind über die Parks Canada Seite buchbar). Diese Permits sind begrenzt und die Nachfrage ist hoch, insbesondere während der Hochsaison. 2023 waren Reservierungen ab März möglich, da es eine Systemumstellung gegeben hat, und haben für zwei Personen 483,50 CAD gekostet. Ab 2024 könnte die Anmeldung wieder früher (ab Januar) starten. Vorm Buchen des Permits solltet ihr euch bereits Gedanken über Einstiegs- und Ausstiegsstelle sowie Dauer eures Trails gemacht haben (siehe unter "Dauer und Etappen").
Weiters, lohnt es sich, die jeweils gültigen Visabestimmungen zu prüfen. Die meisten europäischen Besucher:innen müssen vor ihrer Ankunft in Kanada ein Touristenvisum (ETA - Electronic Travel Authorization) online beantragen. Der Reisepass muss dafür ab dem Einreisedatum noch mindestens 6 Monate gültig sein. Die Ausstellung der ETA dauert normalerweise nur wenige Tage.
Für eure Reiseplanung könnt ihr entweder Vancouver oder Victoria anfliegen und dann je nach Zeitbudget dort ein paar Tage verbringen. Jedenfalls empfehle ich die letzte Nacht vor Trailbeginn in Victoria zu übernachten und dann mit dem ersten West Coast Trail Express zur Einstiegsstelle zu fahren. Von Vancouer kommt man sehr komfortabel mit dem BC Ferry Connector der Wilson's Group nach Victoria (zirka 100 CAD pro Person mit 1 Gepäcksstück und je Richtung). Der Express kostet in Summe 180 CAD pro Person und bietet super Service (verlässliche Abfahrtzeiten und sehr nette Fahrer). Wenn ihr den ersten Bus nehmt, kommt ihr noch rechtzeitig für das Briefing an und könnt direkt eure erste Etappe absolvieren. Für die Rückfahrt ist das tolle, dass man den Bus auch 3 Tage vor und 3 Tage nach ursprünglich geplantem Abreisetag nehmen kann. Um sicherzugehen, dass es Platz gibt, kann man mit dem Fest-Telefon am Endpunkt anrufen. Alles sehr entspannt!
Zur Vorbereitung zählt sonst auch noch die physische - man sollte den Trail nur machen, wenn man sich absolut fit fühlt. Außerdem gilt es, das richtige Equipment zu besorgen (siehe Equipment und Packen). Für mich gilt ja ohnehin "Gutes Equipment ist der halbe Trail"! Und letztlich sollte man sich mit dem Wildlife vor Ort ein bisschen auseinandersetzen. Auch wenn Begegnungen mit Bären, Wölfen und Pumas relativ selten sind, so sollte man auf jeden Fall wissen, wie man sich zu verhalten hat.
Buchtipp: Leider ist die Auswahl an deutschsprachigen West Coast Trail Führern überschaubar. Glücklicherweise gibt es einen, der super hilfreich, wenn auch etwas älter ist: OUTDOOR West Coast Trail.
Etappen und Dauer
Der West Coast Trail hat eine Gesamtlänge von 75 km, wobei man sich hier als geübter Camino Wanderer:in nicht täuschen darf, denn den 75 km haben es in sich - insbesondere mit 20kg am Rücken.
Der Weg ist in 5-8 Tagen grundsätzlich gehbar. Meine Empfehlung wäre mit 7 Tagen zu planen - für uns war das die perfekte Kombination aus genug körperlicher Anstrengung für jeden Tag und ausreichend Zeit um die Natur genießen. Essen sollte man immer für zumindest einen Tag zusätzlich dabei haben, um im Ernstfall (Wetterumschwung oder Verletzung) versorgt zu sein. Bedenkt, dass Evakuierungen locker bis zu 24 Stunden dauern können!
Den West Coast Trail kann man entweder vom nördlichen (Pachena Bay) oder vom südlichen Trailhead (Port Renfrew/Gordon River) starten. Meine Empfehlung ist, von Süd (Gordon River) nach Nord (Pachena Bay) zu gehen. So hat man die harten Etappen gleich zu Beginn und kann dann gegen Ende hin doppelt genießen (leichterer Rucksack und schönere Etappen). Bei uns was es auch so, dass mehr Leute den Weg von Nord nach Süd gegangen sind und wir es so etwas ruhiger hatten.
Folgende Etappen haben wir gemacht und können wir so auch sehr empfehlen. Unten findet ihr zusätzlich noch eine alternative, leicht verbesserte Route, die mit 6 Tagen plant. In dieser Planung ist auch eine Cabin-Übernachtung bei Crab Shack vorgesehen. Die sehr praktische Faltkarte erhaltet ihr bei der Orientation inklusive aktuellem Tide-Table (der ist wesentlich für die Tages- und Detailplanung).
Unsere Etappen:
Tag 1: Gordon River - Trasher Cove (km 75-69)
Tag 2: Trasher Cove - Camper Bay (km 69-61)
Tag 3: Camper Bay - Walbran Creek (km 61-53)
Tag 4: Walbran Creek - Cribs Creek (km 53-41)
Tag 5: Cribs Creek - Tsusiat Falls (km 41-25)
Tag 6: Tsusiat Falls - Michigan Creek (km 25-12)
Tag 7: Michigan Creek - Pachena Bay (km 12-0)
Alternative Etappen:
Tag 1: Gordon River - Trasher Cove (km 75-69)
Tag 2: Trasher Cove - Camper Bay (km 69-61)
Tag 3: Camper Bay - Carmanah Creek (km 61-46)
Tag 4: Carmanah Creek - Nitinaht Narrows (46-32)
Tag 5: Nitinaht Narrows - Darling River (32-14)
Tag 6: Darling River - Pachena Bay (km 14-0)
Equipment und Packen
Wenn man von ganz wenigen Ausnahmen absieht, auf die man sich auch nicht verlassen sollte, ist der West Coast Trail vollkommen von der Zivilisation abgeschieden. Das heißt, alles was man mitbraucht, muss man mithaben, ergo einpacken, ergo ggf. besorgen. Für uns war es der erste Trail mit Zelt. Davor haben wir 2-3 Mal am Berg gezeltet, um uns mit dem Equipment vertraut zu machen. Die restliche Unerfahrenheit haben wir mit viel Recherche und sehr gutem Equipment wett gemacht. Das kostet natürlich auch einiges an Geld und Zeit, aber das Equipment hat man dann ja auch "ewig".
Links auf der Seite findest du meine Packliste als Checkliste. Öffne sie gerne im Browser, bearbeite das PDF oder druck dir die Liste aus. Wenn ich bei einzelnen Items eine konkrete Empfehlung abgebe und Produkte verlinke, dann habe ich dazu sehr viel Research betrieben und bin sehr zufrieden. Wenn bei Items "Zum Beispiel" dabei steht, dann ist die Differenzierung normalerweise nicht so groß oder ich habe ein ähnliches Produkt. Ich bestelle mein gesamtes Equipment online und kann folgende Seiten sehr empfehlen: campz, bergzeit, trekking-lite und amazon.
Mein West Coast Trail | 2023
Bereits 2020 hatten wir uns unser Park Permit besorgt und unsere Visa beantragt. Dann kam Covid und wir mussten uns schweren Herzens zumindest kurzfristig vom Traum West Coast Trail verabschieden. Im Juni 2023 war es dann aber soweit und wir machten uns auf den Weg nach Kanada. Nach ein paar Tagen in Vancouver und dem Besuch des UBC Campus, wo ich 10 Jahre zuvor mein Auslandssemester gemacht habe, geht es für uns mit Bus und Fähre nach Victoria. Das Gepäck, welches wir auf dem Trail nicht benötigen, können wir in unserem Hotel in Vancouver lassen.
Tag 1 | Gordon River - Trasher Cove
Nach einer erholsamen aber kurzen Nacht geht es für uns um 06:00 bei strahlendem Sonnenschein zum West Coast Trail Express, der uns in ca. 2 Stunden zu unserer Einstiegsstelle Port Renfrew bringt. Mit uns im Express waren noch weitere 4 Wanderer:innen mit großen Rucksäcken, alle steigen aber bereits vor uns aus - sie machen einen anderen kürzeren Trail (Juan de Fuca Trail). Angekommen in Port Renfrew registrieren wir uns und warten auf das um 10:00 startende Briefing, das uns über die geltenden Regelungen hinsichtlich Lagerfeuer, aktuellem Zustand des Trails, letzter Bärensichtungen und Tide-Tables (Gezeitentabellen) aufgeklärt. Mit uns ist nur ein weiterer WCTler und der startet auch erst nach uns. Generell dürften wir einen ruhigen Tag erwischt haben, auch den Tag nach uns würden nur wenige Wander:innen starten. Perfekt also - so sollte es immer genug Platz bei den Camps geben, auch wenn einige aus der anderen Richtung kommen werden. Um 10:30 werden wir mit einem Boot zur Einstiegsstelle gebracht und unser Tag 1 am Trial beginnt.
Gleich zu Beginn lernen wir dann, was wandern in Kanada und insbesondere wandern am West Coast Trail heißt. Kaum aus dem Boot gestiegen, erwartet uns die erste Leiter - 20 Meter hoch und senkrecht nach oben. Ein Sicherungsseil gibt es natürlich nicht und so fühlen wir uns gleich mal auf halbem Weg ziemlich mulmig, nach ganzem aber voller Adrenalin. Anschließend geht es für ungefähr 4 Stunden durch den Regenwald - über Stock und Stein, bergauf und bergab. Unterwegs kommen uns 3 Wanderer entgegen - alles Kanadier - und 2 haben wir überholt - Deutsche. Ansonsten gibt es einige Marder- und Vogel-Sichtungen; Bären können wir durch lautes Singen abhalten. Gut ausgepowert in Trasher Cove angekommen, erwarten uns bereits ein paar Zelte. Wir wählen einen schönen Zeltplatz am Strand, kochen und liegen um 20:00 erledigt im Zelt. Was für ein aufregender erster Tag!
Tag 2 | Trasher Cove - Camper Bay
Unser zweiter Tag startet früh um 06:00, wir sind mit mehr als 9 Stunden Schlaf aber sehr gut ausgeschlafen! Nach Anlaufschwierigkeiten (der Rucksack musste aus diversen Gründen mehrmals neu gepackt werden), starten wir um 09:00 auf den Trail. Der heutige Tag ist geprägt von vielen "Firsts": Das erste Cable Car, die erste Beinahe-Bären-Begegnung (im Gebüsch hat es sehr verdächtig geknurrt, später daüber reflektierend war es wohl eher ein Puma als ein Bär), der erste überfüllte Schlafplatz, das erste Bad in einem Süßwassersee. Um 20:30 liegen wir auch schon wieder recht erledigt in unserem Zelt und tanken die Energie für den nächsten Tag.
Tag 3 | Camper Bay - Walbran Creek
Nach einem anstrengenden Tag sitzen wir um 16:00 am Meer, unser Zelt ist aufgebaut (natürlich am schönsten Platz), wir haben uns und unsere Kleidung im Meer gewaschen (sehr erfrischend!), uns in warme Kleidung geschmissen, eine Essensbestandsaufnahme gemacht, Rucksäcke geleert und einen Snack sowie Tee zu uns genommen. Schön langsam werden wir Profi-Camper! Philip ist unantastbar im Wasser holen und filtern, sowie im Hantieren mit unserem Gaskocher und ich bin schneller und schneller beim Zeltauf- und Abbau und beim Rucksäcke aus- und einpacken (das habe ich jetzt übernommen ...).
Auch beim Wandern schlagen wir uns nicht schlecht. Heute geht es den ganzen Tag durch den Regenwald und es gibt so einige Highlights - unter anderem eine Flussüberquerung mit Cable Car (unsere zweite - dieses Mal müssen wir aber davor 7 Leitern runter und danach ungefähr nochmal so viele wieder rauf) und eine super lange Hängebrücke (nichts für Menschen mit Höhenangst).
Tag 4 | Walbran Creek - Cribs Creek
Heute steht im Zeichen der Tiere - von zahlreichen Wal-Sichtungen und surfenden Robben, über Marder und Seeotter zu Weißkopfadler und anderen lustigen Vögeln.
Wandertechnisch ist der Tag eher entspannt mit 12 gemütlichen Kilometern am Strand. Trotz Regen (erstmalig), ist der Weg angenehm und wir kommen voller Energie um 13:30 am Campingplatz an. Tatsächlich haben wir so viel Energie, dass wir am Ende des Tages zum ersten Mal nicht zu müde sind, um eines unserer mitgebrachten Spiele zu spielen.
Tag 5 | Cribs Creek - Tsusiat Falls
Die Etappe heute ist die längste bis jetzt - geht aber am Meer gut voran. Start ist auf frisch freigegebenen Steinen und Ende am Sandstrand. Besonders Highlight ist heute nach 10km die Einkehr bei "CrabShack", ein von Einheimischen betriebenes Restaurant mit Krabben und Fisch auf der Karte. Für uns gibt es Käsetoast und Butterkartoffel und einige Süßigkeiten zum Mitnehmen. Von dort werden wir dann mit dem Boot über den Fluss gebracht und weiter gehts für die letzten km. Durch das Loch im Stein schaffen wir es noch "kurz" vor der Flut (wir hätten wohl noch mehr als eine Stunde gehabt, aber für mich hat sich's knapp angefühlt). Den Tag lassen wir dann, wie es sich für einen echten WCTler gehört auf einem Baumstamm sitzend und aufs Meer schauend ausklingen.
Tag 6 | Tsusiat Falls - Michigan Creek
Die Highlights des heutigen Tages: spielende Wale, eine Baby-Schwarzbären-Sichtung, Bojen-Funde und eine Schlange, die mir Philip aber glücklicherweise verschwiegen hat. Nachdem man den Weg von beiden Seiten begehen kann, kommen uns heute viele Neuankömmlinge entgegen und sie lassen uns fühlen wie echte Profis. Wir genießen unseren vorletzten Tag und eine schöne Etappe an der Küste in vollen Zügen, erfreuen uns an einer Baumschaukel, Baden im Fluss und genießen unsere Pasta mit traumhaftem Ausblick.
Tag 7 | Michigan Creek - Pachena Bay
An unserem letzten Tag zeigt sich der WCT nochmal von seiner allerschönsten Seite. Wir wachen top ausgeschlafen um 05:30 mit der Sonne auf, dürfen beim Frühstück Wale beobachten und starten dann so früh wie noch nie in den Tag. Auf unseren letzten 12 km warten noch einige Highlights: ein Stein, auf dem unglaublich viele Seelöwen chillen, dahinter pustet ein Wal Wasser aus. Außerdem gibt es noch einen schönen Leuchtturm, eine super entspannte Waldstrecke (der absolut leichteste Abschnitt überhaupt) und ein 0,5 km Finish am wunderschönen Sandstrand des Pachena Bay.
Im WCT Office melden wir unsere Bären-Sichtung und uns ab und gönnen uns T-Shirts als Erinnerung an diesen unbeschreiblich schönen Trial und die unvergessliche Woche. Im Wifi melden wir uns kurz bei unserer Familie, lassen Zelt und Equipment in der Sonne trocknen und stärken uns nochmal mit Pasta.
Der West Coast Trail Express bringt uns schließlich in 6,5 Stunden und mit viel Gerumpel nach Victoria. Im Hotel angekommen gönnen wir uns erstmal Domino`s Pizza und eine lange warme Dusche und können unser Glück kaum fassen. Wir hatten 7 absolute Traumtage, mit perfektem Wetter, untypisch wenig Regen (und dadurch Matsch) und beeindruckenden Natur- und Tiererlebnissen. Was für ein unbeschreiblich schöner Trail!